1973 erblickte das erste Zettelgedicht Helmut Seethalers das Licht der Straße. Geschrieben hatte er schon davor - in Schülerzeitungen. 1974 - mit 21 Jahren - erschien ein erstes "Bändchen" mit dem Titel "An die kommenden Tage" im Europa-Verlag.
Ich versuche mich mitzuteilen
in der Hoffnung
etwas mitgeteilt zu bekommen
Es folgen erste Lesungen. Auf den Einladungen sind neben Zeit und Ort auch Gedichte abgedruckt. Da entsteht die Idee, dieses Gedichte auszuschneiden und zu verteilen - vor der Uni, in Kaffeehäusern. Dabei lernt er seinen "Begleiter am Anfang" Christian Ide Hintze - Gründer der Wiener Dichterschule (1992) - kennen.
Später entsteht die Idee, die Zettel mit verkehrt herum angebrachtem Klebeband an Bäume, Säulen, Wänden und Baugerüsten anzubringen. Helmut Seethaler wird zum Wiener Zetteldichter.
Diese Gedichteverbreitungsart bringt die Behörden auf den Plan. Es folgen tausende Anzeigen, einige Prozesse, die meist mit einem Freispruch enden. Es geht letztendlich um die Freiheit der Kunst und die wiegt schwerer.
Seethalers Hartnäckigkeit dringt bis zum damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk vor, der ihm daraufhin 1982 zwei Bäume in der Kärntnerstraße zur Verfügung stellt, wenn er dafür dann "Ruhe gibt" und sonst nirgends mehr klebt.
Eine Weile hält er sich daran, dann erzettelt er sich zwei Säulen in der Opernpassage. Danach hält er sich nicht mehr an genehmigte Orte. Der deutsche Sprachraum ist sein Verbreitungsgebiet.
2023 wird Helmut Seethaler sein 50-jähriges Zetteljubiläum feiern. Zu rund, zu normal, zu vorhersehbar: Darum feiert er 2020/21 "47 Jahre Zettelliteratur".
Dazu wird - coronabedingt - 2021 eine Ausstellung im Bezirksmuseum Alsergrund eröffnet und vorab hier schon eine virtuelle Ausstellung mit Plakaten, Bildern, Texten, Onlinelesungen und einer Videobiographie auf YouTube.
Die virtuelle Ausstellung versteht sich als "lebende" Ausstellung als "work in progress". Das heißt, sie wird ständig erweitert, ergänzt, umgestellt. Es lohnt sich also, immer wieder vorbeizuschauen.
Mit dem 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund hat Helmut Seethaler vielerlei Verbindungen. Er bezeichnet ihn als "Drehscheibe seines Lebens". Von seiner Geburt im Alten AKH zur Welt, dem Milchgeschäft seiner Mutter in der Lazarettgasse 15 bis zur Tanzschule Pauser (Ecke Nußdorferstraße/Fuchsthallergasse) in der er "zwei Jahre vergeblich versuchte, tanzen zu lernen" und vielem mehr. Seethaler bezeichhnet sich als "gezeugten, geborenen und getauften Alsergrunder". >>> Lesen Sie mehr
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